Joe Biden: Hommage an die Obama-Jahre

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(Foto: Flickr)

Joseph „Joe“ Biden wurde 1941 geboren und wuchs in den Bundesstaaten Pennsylvania und Delaware auf. Für Delaware zog er 1973 auch in den Senat. Biden bewarb sich 1998 und 2008 als demokratischer Kandidat für die Präsidentschaft, beide Male erfolglos. Barack Obama machte ihn im Wahlkampf 2008 zu seinem Stellvertreter, nach Obamas Sieg war Biden bis 2016 Vize-Präsident. Er ist zum zweiten Mal verheiratet. Seine erste Frau und Tochter starben 1972 bei einem Autounfall, 2015 starb sein Sohn Beau an einem Hirntumor.

Joe Biden verspricht seinen Unterstützern einen Kampf um die Seele Amerikas. Bei ihm soll das Land zusammenkommen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: Donald Trump zu besiegen. Viele Demokraten blicken im aktuellen politischen Chaos wehmütig auf die Obama-Jahre zurück. Deshalb verkauft Biden seine Kampagne als Fortsetzung der Obama-Ära, unter dem er acht Jahre lang Stellvertreter war. In den Umfragen hielt er damit bis zum Jahreswechsel einen komfortablen Vorsprung gegenüber Bernie Sanders und anderen Mitbewerbern. Die amerikanischen Medien handelten ihn als Spitzenkandidat.

Das sah auch Donald Trump so. Im Herbst vergangenen Jahres bat er den Präsidenten der Ukraine, die Verbindungen von Biden und dessen Sohn Hunter zum ukrainischen Gasunternehmen Burisma zu untersuchen. Hunter leitete von April 2014 bis April 2019 bei Burisma den Bereich Corporate Governance, nachdem Korruptionsvorwürfe gegen den Vorstand laut geworden waren. Gleichzeitig engagierte sich sein Vater als Vize-Präsident stark gegen Korruption in der Ukraine. Trump und sein Team beschuldigen die Bidens selbst unlauterer Machenschaften. Schwache Auftritte in mehreren Fernseh-Debatten, bei denen er gegenüber jüngeren Konkurrenten wie Pete Buttigieg oder der redegewandten Elizabeth Warren nicht überzeugend wirkte, schadeten ihm zusätzlich. Biden ist nur ein Jahr jünger als Bernie Sanders. Obwohl körperlich fitter, scheint er weniger scharfsinnig. „Ich bin Joe Biden und ich kandidiere für den US-Senat“, stellte er sich bei einer Wahlkampfrede vor. Wenn er unter Stress schnell redet, verliert er häufig den Faden. Er geriet für seine Zustimmung zum Krieg im Irak unter Druck und wurde für seine Zusammenarbeit mit Befürwortern der Rassentrennung kritisiert – Biden verteidigt sein Handeln als Beweis, dass er über Parteigrenzen und ideologische Unterschiede hinweg arbeitet, um Einigungen zu erzielen.

Nach einem vierten und fünften Platz bei den Vorwahlen in Iowa und New Hampshire im Februar stand seine Kampagne kurz vor dem Aus. Erst der Sieg in South Carolina rettete ihn. Der südliche US-Bundesstaat hat viele afroamerikanische Wähler – eine wichtige Wählergruppe für die Demokraten. Er schneidet bei Wählern über 35 und Wählern ohne College-Abschluss am stärksten ab. Nachdem ihm frühere Mitbewerber um die Nominierung ihre Unterstützung aussprachen, gewann Biden beim Super Tuesday Anfang März die Vorwahlen in zehn von vierzehn Bundesstaaten.

Es dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis das Weiße Haus die Öffentlichkeit an seine vermeintlichen Verstrickungen in der Ukraine erinnert – auch wenn es keine Beweise dafür gibt. Die Gerüchte könnten Biden wichtige Wählerstimmen kosten.

(€uro 04/2020)