Amerikas Städte werden vom Auto dominiert. Das war vor 100 Jahren noch ganz anders: Da beherrschten Straßenbahnen das Bild. Doch seit den Dreißigern wurde eine Linie nach der anderen stillgelegt. Im Hintergrund zog der Autobauer GM die Fäden.
Die Menschen fahren damit zur Arbeit, zum Wochenmarkt im Stadtzentrum, zur Verabredung mit Freunden, überall hin: Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Straßenbahn aus Amerika nicht wegzudenken. 72.000 Kilometer messen die Gleise, die sich durch die Städte von Washington im Osten, bis San Francisco im Westen ziehen, von Detroit im Norden bis New Orleans im Süden. Doch nur 20 Jahre später ist die Hälfte der Linien verschwunden; die Wagen der Pacific Electric Railway in Los Angeles werden genauso verschrottet wie die der New York Railways Corporation.
Wie konnte das passieren? Warum hat sich Amerika in nur zwei Jahrzehnten vom Land der Straßenbahnen zum Automekka entwickelt?
Wer Antworten darauf sucht, stößt auf ein ganzes Bündel von Ursachen. Die Stadtverwaltungen haben den Bahnbetreibern ungünstige Verträge aufgezwungen, die Fahrpreise wurden auf niedrigem Niveau gedeckelt, neue Transportmittel erwiesen sich als populär. Doch das ist nicht alles. Schuld am Niedergang der Straßenbahn trägt nicht zuletzt das unlautere Geschäftsgebaren des Autoherstellers General Motors (GM). Später wird es als General Motors Streetcar Conspiracy bekannt, als Großer Amerikanischer Straßenbahnskandal.
Am Anfang stehen Bauunternehmer. Sie legen Gleise in Siedlungen am Stadtrand
Straßenbahnen sind in den USA wie auch in Europa zunächst eine Erfolgsgeschichte. Amerikas Städte wachsen im 19. Jahrhundert stetig, bald schon können die Einwohner die Wege nicht mehr zu Fuß zurücklegen. Mancher schwingt sich aufs Rad, die Reichen leisten sich eigene Kutschen. Pferde ziehen auch die ersten großen Passagierwagen. Sie werden wenig später durch Kabelstraßenbahnen ersetzt, deren Wagen auf Gleisen laufen. 1879 entwickelt Thomas Edison die Glühbirne und stößt damit eine elektrische Revolution an, die auch den Verkehr erfasst. In den 1880er-Jahren führen zahlreiche US-Städte elektrische Straßenbahnen ein.
Betrieben werden sie von privaten Unternehmern, nicht selten aus der Immobilienbranche. Sie erschließen damit die Außenbezirke, wo sie neue Siedlungen bauen. Die Städte wachsen zu Metropolen – und das Straßenbahnnetz wächst mit. Das Geschäft ist einträglich, zumal in dieser Zeit noch kaum Autos auf den Straßen unterwegs sind. Bald pendeln Millionen Amerikaner mit der Straßenbahn zur Arbeit. Die Bahn wird sogar Teil der Popkultur, mit Liedern wie dem „Trolley Car Swing“: