Barret-Jackson ist die größte Oldtimerauktion der USA und ein wichtiges Barometer für Autosammler weltweit. Klar im Aufwind: SUV-Pioniere – und die kantigen Plastik-Bomber der Achtzigerjahre.
In 1000-Dollar-Schritten schraubt sich der Preis für den weißen Pontiac Firebird TransAm nach oben. Nach kaum zwei Minuten fällt bei der Barrett-Jackson Auktion der Hammer: Für 34.500 Dollar hat der Wagen einen neuen Besitzer. Das Modell aus dem Jahr 1980 ist mit seinem 4,9-Liter-V8-Motor und 3-Gang-Automatik ein Symbol für das Ende der Muscle-Car-Ära: Als Reaktion auf die Ölkrise und strengere Emissionsregelungen produzierten amerikanische Autobauer ab Ende der Siebzigerjahre Wagen mit vergleichsweise schwachbrüstigen Motoren. Das Exemplar, das bei der Barrett-Jackson-Auktion unter den Hammer kommt, hatte nur einen Halter und wurde 36.600 Kilometer gefahren. Das finale Gebot liegt knapp 12.000 Dollar über dem derzeitigen Durchschnittspreis. Denn bislang verschmähte Autos wie der 1980er Firebird sind am Markt seit Kurzem im Aufwind.
Zum 49. Mal findet in diesem Jahr die Barrett-Jackson-Auktion in Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona statt. Es ist die erste große Auktion des Jahres, ein wichtiges Stimmungsbarometer für Sammler und Investoren. Neun Tage dauert das Spektakel, nach zwei Tagen Vorschau werden seit vergangenem Montag bis diesen Sonntag 1951 Autos versteigert – der größte Katalog in der Geschichte der Auktion. Alle Autos werden ohne Mindestgebot versteigert, mit Fachwissen und etwas Glück kann man hier ein Schnäppchen machen. Die Veranstalter erwarten in diesem Jahr rund 350.000 Besucher, Bieter reisen aus ganz Amerika und dem Ausland an.
In zehn gigantischen Zelten reihen sich Tür an Tür Modelle wie der Ford Model T aus den Zwanzigern, Chevrolet Pick-ups aus den Vierzigern, Straßenkreuzer aus den Fünfzigern und Muscle Cars aus den Sechzigern. Zwischen den liebevoll gepflegten und aufwendig restaurierten Autos, die sieben Tage lang eines nach dem anderen vor dem Auktionator über die Bühne rollen, finden sich immer mehr Modelle, die bis vor Kurzem von vielen Oldtimerfans noch gemieden wurden: Ford Mustangs aus den Achtziger-, und Neunzigerjahren, japanische Sportwagen wie der Toyota Supra und kantige Trucks und Pick-ups aus der Zeit, als Geländewagen nur von jenen Menschen gefahren wurden, die wirklich intensiven Nutzen dafür hatten.
(Foto: JL)
In einem der Ausstellungszelte umrundet Richard Irving einen Ford Bronco Truck aus dem Jahr 1977 mit 4,9-Liter-V8-Motor, Servolenkung und Allradantrieb. Der blaue Lack hat über die Jahre Patina bekommen, der Eigentümer hat den Look mit Klarlack versiegelt. „Ein schöner Wagen“, sagt Irving, nur auf den Klarlack hätte er verzichtet. Irving kommt jährlich mit seiner Frau zur Auktion – nicht um zu bieten, sondern um sich die Autos anzusehen. Er hat selbst seit 15 Jahren einen 1977er Bronco zu Hause. Irving nutzte ihn lange für die Jagd, jetzt fährt er ihn täglich. Bis auf eine nachgerüstete Klimaanlage und eine Delle nach einem Zusammenstoß mit einem Hirsch ist sein Modell unverändert. „In den letzten Jahren sieht man hier immer mehr Broncos“, sagt Irving. Deren Jahrgang spielt für Käufer keine Rolle: Selbst Modelle der fünften Generation aus den späten Achtzigerjahren kosten bei gutem Zustand mittlerweile bis 40.000 Dollar. Das Exemplar mit dem Patinalook erzielt bei der Auktion ein Höchstgebot von 50.000 Dollar. Obwohl die Preise für die Trucks im Aufwind sind, hat Irving kein Interesse, seinen Wagen zu verkaufen. Er hält ihn lieber als Teil seiner kleinen Sammlung von Schätzen, zu der ein 55er Ford Crown Victoria, ein 68er Mercury Cabriolet und ein 55er Ford Pick-up gehören.
29 Bronco-Modelle stehen in diesem Jahr auf der Liste, außerdem Toyota Land Cruiser und Chevrolet Blazer. „Autos zu sammeln ist vielseitiger geworden“, sagt Craig Jackson, Geschäftsführer von Barrett-Jackson. Lange Zeit wurde die Szene von der kaufkräftigen Nachkriegsgeneration der Baby Boomer bestimmt, die besonders den Markt für Muscle Cars dominierten und dort die Preise nach oben trieben. Mittlerweile ziehen sie sich aus Altersgründen langsam aus dem Markt zurück, während Vertreter der nachfolgenden Generation X und Millenials genug Geld haben, um eigene Sammlungen zu starten. Jackson rechnet damit, dass die jüngeren Generationen in diesem Jahr erstmals mehr Geld bei der Auktion ausgeben als die Baby Boomer.
Wie die Baby Boomer vor ihnen interessiert sich die neue Bietergeneration für die Autos ihrer Jugend: „Autos aus den Achtzigerjahren sind stark im Kommen“, sagt Jackson. Statt Muscle Cars stehen bei ihnen Sportwagen amerikanischer, japanischer und deutscher Hersteller im Fokus, die in der Vergangenheit wegen klobiger Designs und zu viel Plastik im Inneren verschmäht wurden. Die auf Sammlerfahrzeuge spezialisierte Versicherungsgesellschaft Hagerty beobachtet eine Trendwende. Aus den jährlichen Anmeldungen für neue Policen lesen die Experten die aufstrebenden Stars der Sammlerszene heraus: Saleen Mustangs aus den Jahren 1984 bis 1993 legten im vergangenen Jahr 13 Prozent an Wert zu. Toyota MR2-Modelle aus den Jahren 1985-1989 stiegen im gleichen Zeitraum sogar um 30 Prozent und sind mittlerweile zwischen 12.000 und 15.700 Dollar wert, denn MR2 „repräsentieren all die coolen Dinge der 1980er“, so die Marktbeobachter.
(Foto: JL)
Das Design und der Preis ziehen laut Hagerty zahlreiche neue Käufer an. „Sogar nach einem 30-prozentigen Anstieg ist das Auto noch bezahlbar, die langfristigen Aussichten sind also stark“, schreiben die Experten in ihrer Auflistung der heißesten Sammlertrends 2019. Am frühen Dienstagnachmittag rollt bei Barrett-Jackson ein MR2 Jahrgang 1986 über den Auktionsblock: Der Sportwagen mit 1,6-Liter-Vierzylindermotor hat einen Kilometerstand von 51.500 und bringt es auf ein Höchstgebot von 12.500 Dollar. Auch für 2020 hat Hagerty wieder eine Liste für Sammlerstücke herausgegeben – fünf der zehn vorgestellten Fahrzeuge sind Modelle aus den Achtzigern und Neunzigern.
Nicht jeder Besucher von Barrett-Jackson teilt die Einschätzung der Marktbeobachter. In einem Zelt nahe der Auktionsbühne sind in schier endlosen Reihen die exklusivsten Klassiker aufgereiht, die Freitag und Samstag Rekordpreise bei der Auktion erzielen. Dort umkreist ein Vater-Sohn-Duo Corvettes und Klassiker aus den Fünfzigerjahren. Sie studieren Details von Motorblock bis Innenausstattung, der Sohn macht sich Notizen. Wie viele Autos sie genau besitzen, verraten die beiden nicht. Nur, dass ihnen in der Sammlung ein 58’er Chevrolet Bel Air fehle, die Lücke würden sie gern füllen. Auch eine Corvette aus den Sechzigern springt ihnen ins Auge. Ob sie sich auch nach Autos aus den Achtzigern umsehen? Beide rümpfen die Nase. „Da gibt es nichts Interessantes.“
(Spiegel Online)
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