€uro-Immobilienatlas: Hamburg

In Hamburg steigen die Preise mittlerweile moderater (Foto: https://www.flickr.com/photos/cfaobam/)
In Hamburg steigen die Preise mittlerweile moderater (Foto: https://www.flickr.com/photos/cfaobam/)

Die Hansestadt ist und bleibt ein attraktiver Wohnort mit einem schnelllebigen Immobilienmarkt. Anleger sollten bei Investments genau hinschauen. In den populären innenstadtnahen Bezirken schmelzen die Mietrenditen weiter. Die Preiskurve zeigt indes nach oben: Für Bestandsimmobilien müssen Sanierungskosten eingeplant werden, Neubauten entstehen vor allem im Premiumsegment.

Wohnraum an der Waterkant ist weiterhin rar und teuer: Sowohl Mietwohnungen als auch Kaufimmobilien sind gefragt. Gemessen an den Neuvertragsmieten für eine Wohnung zwischen 60 und 80 Quadratmetern liegt Hamburg im bundesdeutschen
Vergleich laut Statista mit 11,38 Euro pro Quadratmeter auf Rang 4. Teurer sind nur München, Stuttgart und Frankfurt am Main. Das Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle hat ermittelt, dass die Mieten in der Hansestadt seit 2007 jährlich um 4,7 Prozent zugelegt haben. Auch die Rahmenbedingungen für steigende Preise stimmen, denn Hamburg wächst. In den  kommenden 15 Jahren wird die Bevölkerung laut Statistikamt Nord von aktuell 1,75 Millionen auf 1,85 Millionen Einwohner
wachsen. Schon heute lebt mehr als ein Viertel der Hamburger in Einpersonenhaushalten — Tendenz steigend.

Auch wirtschaftlich steht die Hansestadt gut da. Der Hamburger Hafen erzielte 2014 das beste Umschlagsergebnis seiner Geschichte. Neben der maritimen Wirtschaft sind die Luftfahrt- und Konsumgüterindustrie sowie die Medienbranche wichtige Arbeitgeber. Laut Stimmungsbarometer der Handelskammer erwarten die Unternehmen für 2015 ein positives Geschäftsjahr.

Nicht zuletzt ist die Stadt ein Touristenmagnet. Alster und Elbe, diverse Musicals und ein abwechslungsreiches kulturelles Angebot lockten im vergangenen Jahr laut Hamburg Tourismus GmbH sechs Millionen Besucher in die Stadt. Das Hamburg Cruise Center zählte 189 ankommende Schiffe an den beiden Kreuzfahrtterminals, 2015 wird ein drittes Terminal in Betrieb genommen. Im „Emerging Trends in Real Estate“-Bericht der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) belegt Hamburg im europaweiten Vergleich der attraktivsten Immobilienstandorte den 4. Platz hinter Berlin, Dublin und Madrid.  Mieten und Kaufpreise steigen weiter — wenn auch weniger stark als in den vergangenen Jahren.

Exklusive Wasserlagen. Wer es sich leisten kann, wohnt in Hamburg zentral und wassernah. Der Blick auf die Alster ist traditionell besonders teuer: In Harvestehude liegt der Mietpreis bei 14,49 Euro pro Quadratmeter, wer bestehendes
Wohneigentum kauft, zahlt hier im Schnitt 5495 Euro pro Quadratmeter. Mietwohnungen sind in den innenstadtnahen Bezirken rechts und links der Alster kaum auf dem Markt, die Leerstandsquote liegt bei 0,7 Prozent.

Wer in Ottensen, Eimsbüttel, St. Pauli oder der Sternschanze auf Wohnungssuche geht, steht oft mit 30 oder mehr Interessenten in der Schlange. Auch Kaufobjekte sind schnell vom Markt. „Bei Unikaten im Bestand können die Vermarktungszeiten länger sein“, sagt Lars Seidel, Geschäftsführer beim Immobilienspezialisten Grossmann & Berger. Das Angebot ist knapp. „Generell kann man sagen, dass Eigentümer im Bereich westlich der Alster ihre Immobilien im Bestand halten und vermieten“, heißt es im Marktbericht des Maklerhauses Dahler & Company.

Projektentwickler begegnen dem Mangel mit Verdichtung und Umnutzung. Eines der ambitioniertesten Projekte ist der Umbau der früheren Stadtentwicklungsbehörde. Die Quantum Immobilien AG saniert ein denkmalgeschütztes Gebäudeensemble zwischen den Flaniermeilen Stadthausbrücke, Große Bleichen, Bleichenbrücke und Neuer Wall. 2017 sollen die „Stadthöfe“ mit einem Nutzungsmix aus Einzelhandel, Boutiquehotel, Gastronomie, Büro, Ausstellungsfläche und Wohnen fertiggestellt werden. Fünf Innenhöfe werden miteinander verbunden und einen überdachten Wochenmarkt beherbergen. 100 Wohnungen mit Blick auf das Bleichenfleet sind geplant. In Eppendorf werden die Backsteinbauten einer ehemaligen Bonbonpapierfabrik umgebaut. Bis 2016 entsteht The Quality Street: 32 Wohneinheiten mit 34 bis 311 Quadratmetern. Eine 52 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Wohnung mit Stellplatz und Balkon kostet 365 000 Euro.

Obwohl die Zahl der Baugenehmigungen und Fertigstellungen deutlich über dem Jahresziel von 6000 Wohnungen liegt, beobachtet Frank Stolz, Bereichsleiter Neubau bei Grossmann & Berger, kürzere Vermarktungszeiten. Fast ein Drittel der Käufer erwarb 2014 kleinere Wohnungen zur Kapitalanlage. Bei der Auswahl ist Sorgfalt gefragt: „Während im Neubau die Preiskurve deutlich nach oben zeigt, flacht die Mietkurve auf hohem Niveau ab“, sagt Stolz.

Eines der wenigen innenstadtnahen Neubauprojekte liegt in der Fettstraße in Eimsbüttel. Der Immobilienentwickler Formart vermarktet 25 Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen und Penthouses für durchschnittlich 5450 Euro pro Quadratmeter. Im November setzte Olaf Scholz, Erster Bürgermeister, den Spatenstich für den ersten verkehrsberuhigten Bauabschnitt von Mitte Altona. Der Fernbahnhof Altona wird verlegt, nur die S-Bahn-Station bleibt. Neben den ersten 1600 Wohneinheiten entstehen ein 2,7 Hektar großer Park, vier Kitas und eine Stadtteilschule. Die ersten Bewohner sollen im kommenden Jahr einziehen.

Sprung über die Elbe. Projektentwickler erschließen zunehmend B-Lagen — doch in Wilhelmsburg und Veddel will das nicht gelingen. „Der Schwung durch die Internationale Bauausstellung, die auf der anderen Elbseite stattgefunden hat, ist verebbt“, so Stolz. Im Gutachten der Stadt Hamburg zur Nachfrage nach innerstädtischen Wohnstandorten heißt es: „Die Stadtteile südlich der Elbe werden auch in den kommenden Jahren im Hinblick auf die Nachfrage und das Mietenniveau weiter deutlich unterdurchschnittliche Tendenzen aufweisen.“ Die Olympischen Spiele könnten die Wende bringen. Sollte sich Hamburg als Austragungsort für die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 durchsetzen, sollen Stadion und Athletendorf auf dem bisher mit Hafenanlagen bebauten Kleinen Grasbrook entstehen. Nach den Spielen würden dort Wohnquartiere geschaffen — in direkter Nachbarschaft zu Wilhelmsburg und Veddel.

Positiver ist die Entwicklung weiter südlich in Harburg. Mieten und Kaufpreise steigen, die Mietrendite liegt noch bei über 4,5 Prozent. Am Naturschutzgebiet Fischbeker Heide entsteht nach langem Hin und Her auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne ein Quartier mit 800 Wohnungen. Noch in diesem Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen.

Auch in Hammerbrook tut sich was. Das stark von Bürobauten geprägte Viertel liegt quasi im Hinterhof der HafenCity — ein Pflaster für Anleger mit Pioniergeist. Der Stadtteil ist von Wasserstraßen durchzogen, die in den Blick von Projektentwicklern
rücken. Der Senat will die östlichen Bezirke an Elbe und Bille aufwerten. Dafür sollen in die Infrastruktur investiert und Wohnungen gebaut werden. Schon 2016 sollen 331 Eigentums und Mietwohnungen im Quartier Hammerleev direkt am Sonninkanal bezogen werden. Eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 110 Quadratmetern Wohnfläche kostet hier ab 3480 Euro pro Quadratmeter. Weitere Projekte sind geplant.

Halbzeit in der HafenCity. Zehn Jahre ist es her, dass die ersten Bewohner in die HafenCity gezogen sind. Ein weiteres Jahrzehnt wird es dauern, bis der Stadtteil fertig ist. Anfang 2015 wurde der Architekturwettbewerb für den Strandkai entschieden. Dort entstehen im Drittelmix 500 Genossenschafts-, Miet- und Eigentumswohnungen. „In der HafenCity entscheidet vor allem die individuelle Blicksituation“, heißt es im Marktbericht von Dahler & Company. Den Beweis liefert der Cinnamon Tower, Blickfang im Überseequartier. Die zehn Luxuswohnungen in dem 57 Meter hohen Turm bieten einen Rundumblick über Elbe, Überseequartier, Hafen und Stadt und sind bereits vermarktet — durchschnittlicher Quadratmeterpreis: 9500 Euro.

Günstiger wird es Am Lohsepark, wo kürzlich am Yoko Richtfest gefeiert wurde. 47 Eigentumswohnungen stehen zum Verkauf, der Quadratmeterpreis fängt bei 5000 Euro an. Nebenan beginnt am Baakenhafen der Bau öffentlich geförderter Wohnungen. Auf dem 24 Hektar großen Areal entstehen 2000 Einheiten, ein Drittel davon Sozialwohnungen. Zusätzlich geplant sind ein Marktplatz mit Frischemarkt, Läden und Dienstleistungsangebote sowie eine Grundschule. Künftiger Treffpunkt des Quartiers wird der Baakenpark auf einer künstlich angeschütteten Halbinsel.

 

erschienen in €uro 05/2015