Heilung fern der Heimat

Quelle: flickr.com
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Wer beruflich oder privat für längere Zeit ins Ausland will, muss sich zusätzlich absichern und sollte das Kleingedruckte der Krankenversicherung lesen. Ein Überblick.

Auslandsjahr, Sabbatical, Entsendung: Mehrere Hunderttausend Deutsche verbringen mehr als nur ein paar Urlaubswochen im Ausland. Während sich die Ferien mit einer Auslandsreisekrankenversicherung schnell und günstig versichern lassen, tun sich bei einem längeren Aufenthalt mehr Fragen auf.

Was nötig ist, hängt von der Dauer des Auslandsaufenthalts ab und davon, ob Deutschland mit dem Zielland ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. Im EWR also der EU, in Island, Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz  können Versicherte ihre Europäische Krankenversicherungskarte EHIC nutzen, die man auf der Rückseite seiner Versichertenkarte ist. Sie sichert eine Basisversorgung. Außerhalb Europas bietet die deutsche gesetzliche Krankenversicherung  keinen Schutz. Es muss also eine eigene Police von einem privaten Anbieter her. Hier lohnt der Blick ins Kleingedruckte:  Leistungen für Vorerkrankungen werden meist ausgeschlossen, oft gibt es Wartezeiten für Schwangerschaft und Zahnersatz. Oft gibt es auch ein Höchstaufnahmealter oder eine Summenbegrenzung. Heimatbesuche sind in der Regel versichert. Der Vertrag sollte noch in Deutschland abgeschlossen werden. Einige Versicherer verweigern die Aufnahme, wenn man den Antrag erst nach Abreise stellt.

„Versicherte sollten prüfen, ob es sich um eine Gruppenversicherung handelt“, sagt Thomas Adolph, Chef der Finanz- und Wirtschaftsberatung afw in Frankfurt. In dem Fall schließt der Versicherer einen Vertrag mit dem Versicherungsnehmer und handelt mit ihm die Bedingungen aus. Prüfen sollte man, ob die Versicherung die Bedingungen nachträglich ändern oder sich weigern darf, den Vertrag nach Ende des Versicherungsjahres fortzuführen. €uro am Sonntag gibt einen Überblick, was je nach Ausgangslage beachtet werden muss.

Festangestellter/gesetzlich versichert
Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums EWR kann der Versicherte beim Arzt seine EHIC vorlegen und erhält die Leistungen, als ob er dort versichert wäre. „Auch bei Vorlage der EHIC muss sich der Versicherte in vielen Fällen zunächst auf eine Kostenübernahme vor Ort einstellen“, sagt Franz-Peter Kampmann von der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA). Die Kosten kann er sich vom Arbeitgeber erstatten lassen. Denn der hat seinem Angestellten gegenüber eine Fürsorgepflicht, wenn er ihn ins Ausland entsendet – egal in welches Land, so steht es im Sozialgesetzbuch (SGB V, §17).

Der Arbeitgeber muss sich die Kosten bei der Krankenkasse des Versicherten wieder holen. „Die Krankenkasse hat dem Arbeitgeber die Kosten bis zu der Höhe zu erstatten, in der sie ihr im Inland entstanden  wären“, heißt es im Sozialgesetzbuch. Alles darüber hinaus muss der Arbeitgeber selbst tragen, wenn er nicht vorgesorgt hat. „Es ist im Gesetz ausdrücklich so geregelt, dass der Arbeitgeber die Kostenerstattung durch die Kasse nicht auf den Versicherten abwälzen kann“, sagt DVKA-Experte Kampmann. Diese Regelung gilt auch für Ehepartner und Kinder, die den Mitarbeiter begleiten oder besuchen, sofern sie bei ihm familienversichert sind.

privat versichert
Privat versicherter Angestellte, die ins Ausland entsandt werden, sollten sich mit ihrem Arbeitgeber abstimmen. „Private Krankenversicherungen können mittlerweile EU-weit uneingeschränkt fortgeführt werden“, sagt Thomas Adolph. Oft gilt das auch für EWR-Staaten, hier lohnt ein Blick in die Bedingungen der Krankenpolice.

Manche Verträge enthalten Klauseln für die weltweite Versorgung. Versicherte sollten ihren Vertrag aber genau lesen, weil die Leistungen je nach Land und Versicherung variieren können. Deckt die heimische Vertrag das Zielland nicht ab, rät der Verband der Privaten Krankenversicherer, eine separate Versicherung für die gesamte Dauer des Aufenthalts abzuschließen. Bleibt man überraschend doch länger, kann die Versicherung vom Ausland aus verlängert werden, solange der ursprüngliche Vertrag noch läuft und die Höchstversicherungsdauer für den Tarif nicht überschritten ist.

Wer nach Deutschland zurück will, sollte seine deutsche private Versicherung nicht kündigen, sondern eine Anwartschaft beantragen. So werden Gesundheitsprüfungen und eventuelle Leistungsanpassungen zum Nachteil der Versicherten vermieden.

Freiberufler/gesetzlich versichert
Wer selbständig ist oder sich für einen längeren privaten Auslandsaufenthalt entscheidet, muss sich selbst um eine Absicherung kümmern. Grundsätzlich gilt auch hier, dass die EHIC in EU, EWR und der Schweiz Standardbehandlungen absichert. „Aber Achtung: Diese entsprechen häufig nicht den in Deutschland üblichen Leistungen“, sagt Christine Göpner-Reinecke von der AOK.

Versicherte können die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland freiwillig fortführen und sich privat zusätzlich absichern. Manche Krankenkassen kooperieren mit Versicherungen, so etwa die Barmer GEK mit der Huk Coburg. Das kann sich für Aufenthalte von bis zu einem Jahr lohnen, weil diese Tarife tagesgenau abgerechnet werden.

Im außereuropäischen Ausland greift die GKV nicht. „Der Betroffene muss sich entweder im jeweiligen Land entsprechend dem dortigen Sozialversicherungssystem oder über eine private deutsche Auslandsversicherung absichern“, erklärt Michael Ihly von der Techniker Krankenkasse.

Private Versicherer bieten Einjahres- und Mehrjahres-Tarife. Die meisten gelten für bis zu fünf Jahre, wobei die Versicherung bei vorzeitigem Reiseabbruch früher beendet werden kann. In diesem Fall ist es sinnvoll, die gesetzliche Krankenversicherung zu kündigen oder ruhen zu lassen. Mit dem Tag der Heimkehr haben Versicherte nach aktueller Gesetzeslage ein Recht auf Rückkehr in die zuvor genutzte Krankenkasse. Achtung: Wer sich privat fürs Ausland abgesichert hat, kann bei der Rückkehr nach Deutschland nicht ohne weiteres in die Gesetzliche Krankenkasse zurück. Versicherte können vor ihrer Abreise bei der gesetzlichen Kasse eine Anwartschaft beantragen, dann muss sie ihn wieder aufnehmen – selbst wenn er zwischenzeitlich privat versichert war. Für die Pflegeversicherung lohnt das auf jeden Fall, um die Leistungsansprüche zu sichern.

Freiberufler/privat versichert
Hier gilt im Grunde das Gleiche wie für Angestellte: Versicherte sollten ihren Vertrag prüfen, ob und in welchem Umfang die Versicherung längere Auslandsaufenthalte absichert. Sofern auch nur die entfernte Möglichkeit einer Rückkehr nach Deutschland besteht, lohnt es sich, eine Anwartschaftversicherung abzuschließen, um wieder in den alten Vertrag zurück zu kehren. Wer sich im Ausland gar zur Ruhe setzen will, sollte mit seinem deutschen Versicherer verhandeln und keine spezielle Auslandspolice abschließen: „Die deutsche private Versicherung ist mit ihrem hohen Leistungsniveau und der Alterungsrückstellungen meist die beste dauerhafte Lösung“, so Adolph.