Wie Zara und H&M gegeneinander kämpfen

Kaum eine Einkaufsstraße ohne Zara- und H&M-Filialen: Die beiden Textilkonzerne gelten als scharfe Konkurrenten und richten ihre Geschäftsstrategie aneinander aus. Die aktuellen Quartalszahlen zeigen einmal mehr, warum Inditex die Nase vorn hat.

Ungeachtet der Krise in Spanien und der gestiegenen Baumwollpreise hat Inditex seinen Gewinn deutlich gesteigert. Dank der Verkaufserfolge in Schwellenländern erzielte der weltgrößte Mode-Einzelhändler mit Ketten wie Zara und Massimo Dutti im ersten Quartal ein Ertragsplus von zehn Prozent bei einem um elf Prozent höheren Umsatz von 2,96 Mrd. Euro. Der operative Gewinn stieg auf 431 Mio. Euro, der Quartalsüberschuss belief sich auf 332 Mio. Euro.

Branchenbeobachter zeigten sich zufrieden: „Es gab keine positiven Überraschungen, was für Inditex ungewöhnlich ist – aber das sind unter den Umständen beruhigende und absolut gute Zahlen“ sagte Société Générale-Analystin Anne Critchlow.

Die schwedische Modekette Hennes & Mauritz enttäuschte hingegen die Analysten. Sie hatten für das zweite Quartal mit einer Umsatzsteigerung auf 28,4 Mrd. Kronen gerechnet. H&M schaffte aber nur ein Plus um zwei Prozent auf 27,6 Mrd. Kronen (rund 3 Mrd. Euro). Vor allem die Zahlen der vergleichbar gerechneten Umsätze im Mai enttäuschten: Das Plus von zwei Prozent fiel nicht einmal halb so hoch aus wie die erwartete Wachstumsrate von 5,4 Prozent. Die Aktie büßte in Stockholm zeitweise 2,5 Prozent ein.

Die Veröffentlichung der aktuellen Quartalszahlen läutet eine neue Runde im Kampf um die Vorherrschaft in der Textilbranche ein. Der spanische Konzern Inditex, der schon bisher nach Punkten vorn lag, baut seinen Vorsprung vor der schwedischen Modekette H&M aus. FTD.de vergleicht die beiden Konkurrenten.

Gründung und Eigner

Im schwedischen Västerås eröffnete Erling Persson 1947 sein erstes „Hennes“-Geschäft (übersetzt „für sie“ oder „ihres“), das ausschließlich Damenbekleidung anbot. Erst gut 20 Jahre später, 1968, übernahm das Unternehmen den Bekleidungshändler Mauritz Widforss, der auch Herrenbekleidung im Sortiment hatte. Der Zukauf und die Aufnahme der Männerkollektion sorgten für die Namensänderung zu „Hennes und Mauritz“ mit dem heute so populären Kürzel „H&M“.

Der heute schärfste Konkurrent der Schweden, die spanische Textilkette Inditex, firmiert zwar erst seit 1985 unter seinem heutigen Namen. Die Modekette Zara existiert allerdings schon seit 1975, die erste Filiale eröffnete in dem kleinen spanischen Ort A Coruña. Zuvor hatte sich Firmengründer Amancio Ortega bereits mehr als zehn Jahre lang seine Sporen in der Textilbranche verdient und erste Fabriken gekauft. Nachdem die ersten Zara-Filialen gut angenommen werden, wagt das Modehaus in den folgenden Jahren den Sprung von der Provinz in die spanischen Großstädte. 1988 beginnt mit der Eröffnung der ersten Filiale im Nachbarland Portugal die Expansion des Unternehmens.

Motto

Die Inspiration für sein Geschäftsmotto kam Hennes-Gründer Erling Persson 1946 bei einer Reise durch die Vereinigten Staaten. Er setzt sich das Ziel, hochwertige Ware zu bezahlbaren Preisen anzubieten. Dem Motto ist sich der Konzern bis heute treu geblieben: „Mode und Qualität zum besten Preis“ heißt es dazu auf der Homepage des schwedischen Konzerns. Dafür entwirft H&M mehrere Kollektionen pro Jahr, lässt sie in Billiglohnländern produzieren und bietet sie anschließend kostengünstig an. Vor allem bei Jugendlichen sind die ständig wechselnden Kleidungsvariatonen und die günstigen Preise sehr beliebt.

Inditex-Gründer Amancio Ortega orientierte sich bei der Eröffnung der ersten Filiale an einer ganz ähnlichen Maßgabe wie Hennes-Eigner Persson. Auch Ortega wollte modische Outfits verkaufen, die auch für schmalere Geldbörsen zu haben sind. Das Motto gilt im Prinzip bis heute – die Preise der Modemarke Zara liegen allerdings leicht über denen von H&M.

Filialen, Mitarbeiter und Marken

H&M betreibt 2200 Filialen in 38 Ländern. Die Schweden beschäftigen nach eigenen Angaben 87.000 Mitarbeiter. Ihr Geschäftsmodell ist bisher auf die Nordhalbkugel fokussiert. H&M-Chef Stefan Persson sagte jedoch kürzlich, noch in diesem Jahr wolle das Unternehmen 250 neue Filialen in bestehenden und neuen Märkten eröffnen. Vor Kurzem startete der Konzern zudem einen Online-Shop in den USA.

Für Inditex arbeiten knapp 100.000 Mitarbeiter in mehr als 5000 Filialen in 77 Ländern. Allerdings kommt den Spaniern zugute, dass sie anders als H&M mehrere Marken unter ihrem Namen vereinen: Neben der Modekette Zara gehören auch die Bekleidungsläden Massimo Dutti und Bershka zum Konzern. Diese Markenvielfalt ermöglicht es dem Konzern, unterschiedliche Preispolitiken zu vertreten: Die Mode von Bershka richtet sich an Teenager mit Taschengeld-Budget, Massimo Dutti zieht zahlungskräftigere Kunden an.

Genug hat der Konzern aber noch lange nicht: Die Spanier wollen ihren Sprachvorteil nutzen und ihr Geschäft in Lateinamerika ausbauen. Auch Australien und Afrika stehen im Fokus der weiteren Expansion. Hier will Inditex als erstes globales Modeunternehmen Kollektionen verkaufen, die speziell für die Jahreszeiten in der südlichen Hemisphäre entwickelt wurden.

Krisensicherheit

In Sachen Krisenmanagement offenbarten die Schweden im vergangenen Jahr Schwächen: Sie beziehen zwei Drittel ihrer Waren aus Asien, doch die Zeit der Billigproduktion neigt sich dem Ende entgegen. Auf Dauer wird sich H&M alternative Produktionsstandorte suchen oder die Preise anpassen müssen. Fest steht jedoch, dass sich das Problem der steigenden Produktionskosten nicht kurzfristig lösen lässt.

Wie schwierig eine Anpassung der Preise ist, zeigte zudem die Rohstoffkrise im vergangenen Jahr: Als die Baumwollpreise eine Preisrallye hinlegten und die Margen des Textilunternehmens drückten, war H&M nicht in der Lage, die höheren Kosten als Preissteigerung an die Kunden weiterzugeben. Offenbar wollte der Konzern seine Billigpreis-Politik nicht gefährden. Andererseits ist H&M bei Preissteigerungen darauf angewiesen, dass Inditex mitzieht.

Doch der Rivale weigerte sich nicht nur: Er hatte eine Preisanpassung auch kaum nötig. Denn der Konzern profitiert davon, dass er den Großteil der Waren in Spanien, Portugal und Marokko fertigen lässt. 49 Prozent der Waren werden dort produziert, nur 35 Prozent lässt Inditex in Asien fertigen.

erschienen 06/2011 auf ftd.de