€uro-Immobilienatlas: Münster

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Hafen Münster (Flickr)

Verwaltung, Universität, Unternehmen: Münster dominiert die Region Westfalen. Auch der Immobilienmarkt ist hier besonders eng und heiß. Kaufinteressenten versuchen es abseits der Innenstadt oder sogar im nahen Greven.

Münster ist reich an Historie, Kultur, Fahrrädern und Studenten. Die Domstadt ist bekannt für ihren historischen Stadtkern und den Aasee, als Vertragsstätte des Westfälischen Friedens, als Verwaltungsstadt und Uni-Hochburg.
Neben der Universität zählen Behörden wie der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof sowie Banken und Versicherungen zu den wichtigen Arbeitgebern. Beschäftigungs- und Bevölkerungszahlen zeigen nach oben. Acht Hochschulen und mehr als 50 000 Studenten sorgen für ein junges Stadtbild. Fast jeder dritte Einwohner ist jünger als 25 Jahre, und mehr als die Hälfte der Bürger lebt in  Einpersonenhaushalten. Während die Bevölkerung zwischen 2013 und 2015 um 2,7 Prozent wuchs, nahm die Zahl der Haushalte laut LEG-Wohnungsmarktreport um 10,8 Prozent zu.
„Münster ist und bleibt ein attraktiver Standort“, sagt Stephan Harling von Harling Immobilien. Generell herrscht viel Bewegung in der Domstadt. Noch in diesem Jahr soll der neue Hauptbahnhof fertiggestellt werden. Die Rückseite des Bahnhofs um den Bremer Platz soll neu gestaltet werden und weitere Neubauten sollen entstehen. Die Innenstadt wird damit noch attraktiver. In den Innenstadtlagen um Dom und Schloss, in Kreuz. und Mauritzviertel sowie der Sentruper Höhe treten sich Miet- und Kaufinteressenten schon jetzt auf die Füße. Bestandsimmobilien zur Miete kosten im Mauritzviertel durchschnittlich 9,83 Euro den Quadratmeter, 2,7 Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr. Die Kaufpreise schnellten um neun Prozent auf 3357 Euro pro Quadratmeter in die Höhe. Weil die Preise deutlich schneller steigen als die von der Mietpreisbremse gedeckelten Mieten, müssen sich Anleger in den Top-Lagen mancherorts auf Bruttorenditen von drei Prozent einstellen. Doch die Preisrally macht längst nicht mehr im Zentrum halt. „Wir haben nicht nur in der Innenstadt, sondern auch schon in den Vororten wahnsinnig hohe Preise. Das führt dazu, dass sich manche Leute ganz aus Münster verabschieden, weil sie es nicht bezahlen können“, so Harling.
Da die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen hoch ist, drängen Interessenten verstärkt in Bezirke außerhalb des Stadtzentrums. Großer Gewinner dieser Entwicklung ist Hiltrup. Der Stadtteil hat eine hervorragende Infrastruktur mit einem kompletten Schulzentrum von Hauptschule bis Gymnasium, Kindergärten, fünf Buslinien und einem eigenen Bahnhof. Die Anbindung ans Zentrum ist hervorragend. Derzeit entsteht ein neues Ärztezentrum, das die Infrastruktur weiter abrundet. Der Stadtteil entwickelt sich dank mehrerer Neubauprojekte rasant. „Vor zwei Jahren wurden in Hiltrup Neubauwohnungen in zentraler Lage für 3200 bis 3300 Euro pro Quadratmeter gehandelt. Mittlerweile sind wir bei 4000 Euro pro Quadratmeter“,
sagt Harling. Solche Preise erinnern schon an Innenstadtlagen.
Im Bestand kostet der Quadratmeter derzeit durchschnittlich 2108 Euro. Die Preise sind in Hiltrup in nur einem Jahr um 6,5 Prozent gestiegen. Seit 2011 kletterten sie sogar um 40 Prozent. Der Zuzug nach Hiltrup reißt dennoch nicht ab, die Nachfrage nach neuem Wohnraum ist ungebrochen. Im „Clemens-Carré“ entstehen Mietwohnungen zwischen 35 und 150 Quadratmetern mit Mietpreisen von neun Euro bis 11,50 pro Quadratmeter je nach Etage und Lage. Fertigstellungstermin ist Anfang September.
Und nicht nur Single-Apartments sind beliebt. „Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen sind sehr gefragt am Mietmarkt“, sagt Harling. Gesucht werden sie von Familien, die sich den Kauf einer Immobilie dieser Größe nicht leisten können.
Neben Hiltrup werden auch in Gremmendorf, Wolbeck und Amelsbüren neue Baugebiete erschlossen. Obwohl sie einen Preisaufschlag in Kauf nehmen müssen, entscheiden sich viele Interessenten bewusst für Neubau statt für eine Nachkriegsimmobilie. „Die Leute wollen keine Bestandsimmobilie kaufen, die schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel hat“, beobachtet Harling. Objekte, die 40 oder 50 Jahre alt und nicht auf dem neusten energetischen Stand sind, sind für Makler mit erhöhtem Vermarktungsaufwand verbunden. „Die Käufer haben Respekt vor diesen Immobilien, weil sie entweder nicht abschätzen können, wie hoch der Modernisierungsaufwand ist, oder weil sie keine Lust darauf haben“, berichtet der Experte.
Er erwartet, dass die starke Nachfrage nach Miet- und Kaufimmobilien auch in Zukunft nicht abreißt. Die Innenstadtlagen sind hart umkämpft und bringen Normalverdiener preislich an ihre Grenzen. In den Stadtrandlagen entsteht neuer Wohnraum, doch auch hier ziehen die Preise schon spürbar an.

 

Die 36 000-Einwohner-Stadt Greven im Kreis Steinfurt ist nur einen Katzensprung von Münster entfernt. Angesichts der Münsteraner Preisrally verabschieden sich Interessenten zunehmend aus der Domstadt und nehmen die kurze Fahrtzeit in Kauf: Die Bahn bringt Pendler in weniger als zehn Minuten nach Münster, mit dem Auto dauert es eine knappe halbe Stunde. Wirtschaftlich wird Greven von der Logistikbranche dominiert: Neben dem Logistikunternehmen Fiege bieten das Paket- und  Briefzentrum der Post sowie Logistikzentren des Shoppingsenders HSE 24 und Aldi Nord Jobs für etwa 3000 Beschäftigte.
Wirtschaftlich stabil und gut angebunden, zieht die Stadt viele Interessenten an, die ein Häuschen im Grünen und eine gute Infrastruktur vor Ort suchen. Die Kaltmiete für Bestandsobjekte stieg im vergangenen Jahr moderat um 2,9 Prozent auf 6,18 Euro pro Quadratmeter. Die Preise für Kaufobjekte sind in den vergangenen fünf Jahren um 28 Prozent gestiegen — langsamer als in anderen deutschen Landkreisen. Für Bestandsimmobilien zahlen Käufer derzeit im Schnitt 1363 Euro pro Quadratmeter.
Wenn die hohen Preise in Münster noch mehr Menschen in Umlandgemeinden ausweichen lassen, könnten die Preise in Greven kräftiger anziehen als bisher.